Montag, 4. August 2014

Ahkuna- Mit dem Herzen einer Wölfin Kapitel 3

Ihr Geheimnis

,, Haci liw rid sawe negiez," murmelte sie und ging voran. Sie führte mich zu einem großen Baum, dessen Stamm bestimmt zwei Meter Durchmesser hatte und kletterte an ihm hinauf. Ich konnte nicht klettern und blieb verwurzelt unten stehen. ,, Mok nohcs", rief sie und hielt mir ihre Hand hin. Überredet versuchte ich, mich am Stamm festzuhalten und rutschte mehrmals ab. Ehe ich beim nächsten Verduch abrutschen konnte, hatte sie meine Hand gepackt und mich raufgezogen. Wir kletterte immer höher und setzten uns auf einen dicken Ast in der Baumkrone. Von hier aus konnten wir den ganzen Wald und die ersten Häuser des Dorfes sehen. Weiter in der Ferne schmückten Berge den Horizont. ,,Wunder- schön,"stammelte ich und bewunderte die Aussicht. Auf einmal erblickte ich das Dach meines Hauses. Nun wusste ich, in welche Richtung ich gehen muss, um nach Hause zu finden. Aufgebracht kletterte ich hinunter und lief davon, ehe Ahkuna mir folgen konnte. Traurig blieb sie allein zurück und schaute über das Tal, das sich im Abendrot mehr und mehr verfärbte.
Der Tag neigte sich dem Ende zu und ich merkte,  wie es immer dunkler wurde. Schließlich verlor ich mich in der Finsternis. Die Richtung hatte ich mittlerweile vergessen und irrte durch den Wald. Immer wieder stolperte ich über Wurzeln und abgebrochene Äste. Ich konnte kaum die Hand vor Augen sehen, aber dennoch wollte ich weitergehen, endlich nach Hause. Nur die Sterne wiesen mir den Weg. Ich folgte dem großen Wagen, auch wenn ich nicht wusste, ob es wirklich das Sternbild war.
Stunden vergingen und der Mond schien hinter den Wolken hervor. Auf einmal hörte ich einen lauten Schrei. Er hallte durch den ganzen Wald. Diesmal war es keine Krähe. Es war ein Schrei des Schmerzes . Nach einer Weile wurde aus dem Schreien ein Heulen. Es wurde immer lauter . Panisch lief ich davon und sprang über große Büsche. Ich stolperte mehrmals und rappelte mich keuchend wieder auf. ,Bloß weg hier!', dachte ich und rannte weiter, bis ich zu einer Lichtung kam. Diese Lichtung hatte etwas Magisches an sich. Überall flimmerten kleine Lichter und beleuchteten den kleinen See, der sich über die ganze Lichtung erstreckte. Auf einmal war es ganz still. Misstrauisch blickte ich mich um und ging zum Ufer des Sees. Schlafend lag er da und spiegelte den Nachthimmel. Diesen See hatte ich noch nie zuvor gesehen. Selbst mein Vater hatte ihn mir noch nie gezeigt oder je mit einem Wort erwähnt. Als ich noch kleiner war, hatte mein Großvater immer Geschichten von einem magischen See erzählt, der einen verzauberte, wenn man sein Wasser berührte. Neugierig beugte ich mich runter und wollte meinen Finger ims Wasser tauchen, als plötzlich eine große Kreatur aus dem Gebüsch sprang und über mich her fiel. Es war ein brauner Wolf, der mich mit seinen leuchtenden Augen  wehleidig ansah und versuchte, mich vom  See fernzuhalten. Siese Augen kamen mir irgendwie bekannt vor, aber ich wusste nicht woher. ,, Was ist mit dem See?,"fragte ich den Wolf, auch wenn er mich nicht verstehen konnte. ,, Er hat magische Kräfte. Pass auf! Er hat schon viele veezaubert!", sagte er mit einer hohen Stimme. Anscheinend war es eine Wölfin.,, Du...du kannst sprechen?", fragte ich sie verwirrt. ,, Nur an Vollmond...da lässt er es zu, dass ich jede Sprache vestehen und sprechen kann", erwiderte sie und schaute zum See. ,, Was hat der Vollmond mit dem See zu tun?"-
,,Der See ist mit dem Mond auf magische Weise verbunden. Es heißt,  dass sich auf dem Grund des Sees Mondsteine befinden, deren Magie sich auf den See übertragen hat. Jeder , der seim Wasser berührt, wird verflucht oder verwandelt." Sie konnte den Blick vom Mond nicht mehr abwenden und setzte sich ins weiche Gras. Um uns herum blühten weiße Blumen, alle auf den Mond gerichtet und verteilten ihren Blütenstaub. ,, Und du bist verwandelt worden?", fragte ich  und setzte mich neben sie. ,, Ja...Einst,vor langer Zeit lief ich in den Wald. Ich war noch klein und verirrte mich schnell im Dunkeln der Nacht. Auf einmal vernahm ich diesen verlockenden Duft. Ich folgte ihm und kam zum Ufer des Sees. Dort  wuchsen Mondblumen, wie heute auch , und lockten mich zum See. Da ich schon halbverdurstet war, sprang ich ins Wasser und wurde verflucht. " Für einen Moment schwiegen wir beide und schauten auf den leuchtenden See. Ich bemerkte, wie sie weinte , und strich durch ihr weiches Fell. 
,, Weißt du, ich bin noch nie einem Wolf so nah gewesen wie jetzt. Ich habe mir immer vorgestellt, wie es wäre, selbst einer zu sein. Niemals im Winter zu frieren, immer in der freien Natur...", versuchte ich das Thema zu wechseln und kraulte sie am Hals. Entspannt legte sie den Kopf zurück und schmieg sich an mich: ,, Einerseits ist es schön, die Welt mit anderen Augen zu sehen, andererseits bereue ich es, Tiere zu töten um nicht zu verhungern." - ,, Kann man den Fluch irgendwie brechen?" Stumm nickte sie und schaute mich mit ihren funkelnden Augen an: ,, Ja...aber ich glaube nicht dran..."- ,, Sag schon! Wie kann ich dir helfen? ", bohrte ich weiter und streichelte ihren Kopf. ,, Ein weiser Dachs sagte mir einst ein Gedicht:
Geh mit deinem Liebsten in den See,
ein Kuss eure wahre Liebe gesteh',
Wenn derVollmond über euch scheint,
und euch vom Fluche befreit,
werdet ihr mit Magie vereint,
und erlangt die Unsterblichkeit.
Ich glaube aber nicht daran..."
Ich schaute sie verlegen an und erwiderte: ,, Die wahre Liebe also. Warum glaubst du nicht daran?" - ,, Weil ...naja....weil sich ein Mensch unmöglich in einen Wolfsmenschen verlieben kann."Ich schüttelte den Kopf.
Die Nacht war schon bald vorüber. Auf einmal schlief ich ein, ohne es zu merken, und träumte von der Wölfin.

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